Achtsamkeit

Written by Franz Weninger on the 23rd of February 2018

Als ich 1999 von meinem Praktikum in Kalifornien zurückkam, war mein Ziel klar. Mir imponierte das große Denken der Amerikaner. Enttäuscht war ich von den Kopien. Weingüter, die Bordeaux kopierten oder die Toskana, es fühlte sich in diesen Weingütern an wie in Disneyland. Wer die schon einmal besucht hat, weiß, was ich meine.

Ich war also froh, dass unsere Weingärten in der alten Welt liegen. Und wollte aus diesen Weingärten große Weine machen.

Aber als ich nach Hause kam, stand mein Vater mit einem Önologen aus Frankreich im Keller (dieser wurde von EU und Land finanziert). Er erklärte meinem Vater, wie er vergären soll, verkaufte ihm französiche Hefen, Enzyme und Tannine, nebenbei Fässer und Reben aus französischen Rebschulen. Auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Die Kopie – das, was ich an Amerika nicht mochte – machte mein Vater zuhause, so wie das gesamte Burgenland!

Ein neuer Weg

Ich sprach mit meinem Vater und stieß auf offene Ohren. „Ja“, sagte er, „Du hast recht.“ So begannen wir im Jahr 2000 alle Weine spontan und ohne Zusätze zu vergären, auf der Suche nach der eigenen Identität.

Im ersten Jahr klappte es super, aber wir stellten fest, dass es bei einigen Weingärten zu Problemen kam. Die Weine waren reduktiv oder oxidativ, oder einfach nicht klar. Da wir auf allen unseren Weingärten den selben Pflanzschutz anwendeten, konnte der Unterschied nur vom Boden kommen. So begannen die Jahre der Lehre von Neuem. Wir besorgten uns Informationen, lasen Bücher und besuchten Seminare über Bodenkultur.

2002 erkrankte einer meiner Weingärten an Stiellähme. Ich holte mir österreichische Fachkompetenz und auch wieder den französischen Berater. Beide vermuteten einen Mangel an Magnesium. Die Blattstiel-Analyse in Frankreich bestätigte dies. Die darauf folgende Bodenanalyse stellte aber genug, oder sogar zu viel Magnesium im Boden fest. Die Lösung der Wissenschaft waren Blattdünger, die jedes Jahr vor der Blüte appliziert werden sollten. Doch das war keine Lösung für mich. Sollte der Weingarten ein Patient sein, der nicht mehr essen kann und künstlich ernährt werden soll? Die Vorstellung war schrecklich. Für uns war logisch, dass wir an der Bodenstruktur arbeiten mussten, damit die im Boden vorhandenen Nährstoffe auch von den Pflanzen aufgenommen werden können.

Biologisch, Biodynamisch, Humus

Wir begannen mit Humuswirtschaft und schon im nächsten Jahr waren 80 % der Probleme verschwunden. Die meisten Kurse und Bücher über Bodenkultur, die uns weiterhalfen, stammten aus der biologischen Landwirtschaft und nach einem Jahr Boden-Humusaufbau stand auch schnell fest, dass das unser Weg für die Zukunft war.

So begannen wir, uns im Jahr 2004 biologisch zertifizieren zu lassen. Erfolgreich, aber trotzdem hinterfragend, stellten wir bald fest, dass die biologische Landwirtschaft ein sauberes Produkt will (rückstandsfrei), aber sozial und auch wissenschaftlich keine neuen Wege beschreitet. Uns fehlte etwas. Wir wussten nur nicht, was.
Als wir 2005/2006 einen biodynamischen Lehrer trafen und der uns seine Grundregeln der Landwirtschaft erklärte, waren wir begeistert. Er lehrte die Biodynamie nach agrarökologischen Gesichtspunkten. Die Grundregeln waren logisch, die spirituelle Anwendung der Präparate war es nicht. Und unsere wissenschaftlich geprägten Köpfe wollten das auch nicht wahr haben. Der Lehrer schaffte es aber, uns mit einem einfachen Argument zu überzeugen: „Warum probiert ihr es nicht ein Jahr aus, dann sehen wir, was ihr davon haltet.“
Und so machten wir es. In Österreich wurde ein Vereingegründet (Respekt), nach dessen Grundregeln wir uns seit 2006 von einer unabhängigen Kontrollstelle kontrollieren lassen. Seither verwenden wir die biodynamischen Präparate. 2016 wurden wir auch Mitglied von Demeter Österreich und werden seitdem auch nach dessen Richtlinien kontrolliert.

Warum Kontrolle?

Viele Winzer behaupten, dass sie nach diesem System oder biologisch arbeiten, sich aber den Aufwand der Zertifizierung nicht antun wollen. „Die Freiheit“ wird als Argument angeführt. Ich stelle fest: Je enger ich mir die Grenzen setze, desto größer werde ich in diesen Grenzen. Und desto stärker strahlt mein Wein. Ähnlich wie bei der Architektur. Wenn man sich auf wenige Materialen beschränkt, ist es zwar schwerer, aber die Architektur wird klarer. Das Nicht-Ausdünnen der Trauben, das Nicht-Bewegen des Weins, das Nicht-Schwefeln, das Nicht-Kosten,… all diese Reduktion führte zu klaren Weinen. So helfen mir Zertifizierung und Kontrolle, mir einen Rahmen zu setzen und mich zu fokussieren. Und in der heutigen Welt den Fokus zu behalten, ist wahrscheinlich das Wichtigste.

Nachhaltigkeit im Keller und in der Technik

Aber nachhaltig geht weiter! Nicht nur die Arbeit im Weinberg oder im Keller, auch das soziale Miteinander muss stimmen und auch die Energie im Weingut muss nachhaltig sein. Wir heizen mit Holz aus unserem Wald. Wir haben einen Naturkeller. Wenn wir kühlen, dann mit Grundwasser. Wir erzeugen Strom über Photovoltaik und wir fahren mit Strom in unsere Weingärten. Wir freuen uns auf den ersten elektrischen Traktor, wissen aber, dass nicht die Technologie unseren Lebensraum erhalten wird, sondern der bewusste Umgang damit. So überlegen wir uns bei jedem Arbeitsschritt, ob dieser wirklich notwendig ist.

Reduktion auf das Wesentliche, das ist der Weg.

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